25 Jahre Exil

„Die Kinder und Jugendlichen können mit allem zu uns kommen“
Interview mit Claudia Kampmeyer und Martin Pletzer von den Städtischen Jugendräumen Exil
Die Städtischen Jugendräume Exil sind im August 2023 25 Jahre alt geworden. Ebenso lang ist Claudia Kampmeyer hier bereits als Sozialpädagogin aktiv. Martin Pletzer gehört seit 14 Jahren zum Team. Im Interview erzählen die beiden vom Exil-Alltag.
Frau Kampmeyer, 25 Jahre sind eine lange Zeit. Wird es Ihnen da nicht langsam langweilig?
Claudia Kampmeyer: Nein, sonst wäre ich nicht mehr hier. (lacht)
Was mögen Sie denn an Ihrer Arbeit besonders?
Claudia Kampmeyer: Die offene Kinder- und Jugendarbeit ist einfach unglaublich vielfältig. Wir lernen immer wieder neue Kinder und junge Erwachsene kennen. Wir müssen erst einmal herausfinden, wen wir da vor uns haben und uns flexibel auf den Menschen einstellen können. Es gibt Kinder, die sehr laut und präsent sind und welche, die eher ruhig sind und nicht im Mittelpunkt stehen wollen. Das ist jedes Mal eine Herausforderung, macht aber vor allem nach wie vor viel Spaß.
Wie sieht ein typischer Tag im Jugendzentrum aus?
Martin Pletzer: Die Kids kommen direkt nach der Schule hierher und erzählen meistens direkt von ihrem Tag oder was es zuhause Neues gibt. Sie wollen viel beschäftigt werden, Langeweile darf nicht sein. Da werden wir schon mehr in Anspruch genommen als früher. Die Wünsche sollen sofort umgesetzt werden. Das hält uns auf Trab, aber genau das ist ja auch unser Ding.
Das heißt, die Jugendlichen haben sich im Laufe der Zeit verändert?
Claudia Kampmeyer: Das würde ich nicht sagen. Kinder und Jugendliche reagieren immer auf die jeweilige Zeit, auf die äußeren Einflüsse. Sie passen sich an. Das ist gar nicht anders als bei uns Erwachsenen auch. Das Freizeitverhalten hat sich allerdings tatsächlich stark geändert.
Inwiefern?
Claudia Kampmeyer: Heute läuft vieles digital. Die Kinder und Jugendlichen sind sehr viel mit ihrem Smartphone beschäftigt.
Ist es schwierig, sie für andere Dinge zu begeistern?
Martin Pletzer: Nein, das nicht. Sie haben nach wie vor auch einen großen Bewegungsdrang und sind gerne draußen. Das haben wir besonders bei unserem Sommerferienprogramm gemerkt. Da haben wir einen großen Schwerpunkt auf Bewegung im Freien gesetzt und genau diese Angebote sind super angenommen worden. Das Sommerferienprogramm ist immer das Highlight des Jahres. Aber im Alltag spielt die Beschäftigung mit der digitalen Welt natürlich eine große Rolle und da wollen wir unseren Teil zu einem verantwortungsvollen Umgang beitragen.
Welche Rolle spielt bei Ihrer Arbeit der Kontakt zu den Eltern?
Claudia Kampmeyer: Der Elternkontakt ist viel intensiver geworden. Wir kommen mehr mit ihnen ins Gespräch. Sie wollen wissen, wer wir sind und was wir machen. Das ist schön und auch wertvoll für unsere Arbeit. Im Mittelpunkt stehen aber die Kinder und Jugendlichen.
Wie werden die Kinder und Jugendlichen auf das Exil aufmerksam?
Martin Pletzer: Das passiert oft über die Kids, die schon bei uns sind, oder über das Sommerferienprogramm. Eine große Rolle spielt auch die AG, die wir gemeinsam mit der Sekundarschule anbieten. Diese Kooperation gibt es schon viele Jahre und sie gibt uns eine tolle Möglichkeit, unsere Arbeit vorzustellen. Generell sind alle Kinder und Jugendlichen bei uns willkommen. Manche haben erst Berührungsängste. Sie können gerne einfach vorbeischauen und uns kennenlernen.
Geht es im Alltag bei Ihnen mehr um Spiel und Spaß oder um Themen wie Berufsvorbereitung oder Probleme der Kinder und Jugendlichen?
Martin Pletzer: Das ist ein großer Mix. Es spielt alles eine Rolle. Die Kinder kommen zum Toben und Treffen mit ihren Freunden her. Natürlich sprechen wir aber auch über Probleme in der Schule oder zuhause. Für solche Gespräche hat sich unser freier Donnerstag bewährt.
Was verbirgt sich dahinter?
Claudia Kampmeyer: Am Donnerstag hat das Jugendzentrum für den allgemeinen Betrieb geschlossen. So haben wir die Möglichkeit, intensiv und in Ruhe mit einem Jugendlichen zu sprechen, wenn der Bedarf da ist. Sie wissen, dass sie uns anrufen und einen Termin dafür ausmachen können. Den Tag nutzen wir zum Beispiel auch, um Bewerbungen schreiben zu üben. Dazu muss man die Tür zumachen und sich ganz auf die Sache konzentrieren können.
Zusammengefasst: Was bedeutet für euch das Exil?
Martin Pletzer: Die Kinder sollen im Exil eine Rückzugsmöglichkeit für sich finden. Sie sollen gerne hierher kommen und wissen, dass sie mit allem zu uns kommen können. Claudia und ich brennen für diesen Beruf.